IHR DÜRFT MICH ALLE UMSONST AUSBEUTEN…

Während ihres kurzen Höhenfluges predigte die Piratenpartei (was ist das?) Musikern, Autoren und anderen Künstlern gebetsmühlenartig:

Ihr müsst eure Werke frei im Netz zur Verfügung stellen, egal wie viel ihr dafür geschuftet habt. Sharing is Caring. Und natürlich wird das dem Schaffen neuer Werke keinen Abbruch tun. Wahre Künstler handeln aus Idealismus und hören niemals auf. Im Übrigen gibt es viele tolle neue Bezahlmodelle im Internet. Menschen zahlen freiwillig, wenn ihnen ein Werk wirklich etwas bedeutet. Wenn man das Netz versteht, wird man schon nicht verarmen. Im Gegenteil. Man wird durch das Netz so richtig bekannt und findet dann ganz von selbst Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Die Creative-Commons-Lizenz, wonach Urheber pauschal auf Teile ihres Urheberrechts verzichten, sollte zum verbindlichen Standard werden, wenn man schon das Urheberrecht nicht wegreformiert bekommt.

Dass sich mit dieser letztlich nur den großen Netz-Monopolisten dienlichen – und von deren Lobbyisten daher unabhängig von der Piratenpartei massiv vertretenen – Mantra keine stabile Zustimmungsbasis in der Bevölkerung erzielen lässt, ist inzwischen klar geworden. Aber die Piratenpartei will natürlich weiter gegen Selbstbestimmungsrechte von Werkschaffenden ins Feld ziehen und setzt dabei auf neue, unverbrauchte Gesichter an der Front.

Eines dieser Gesichter gehört der 27-jährigen Katharina Nocun. Die allerdings hat nun bekannt gegeben, sie wolle nicht mehr… Im Gespräch mit ZEIT ONLINE erklärte sie: „Ich würde ja gerne weitermachen! Aber es ist bei mir finanziell einfach nicht drin.“ Denkt die Frau etwa an Geld und nicht an ihre Mission? Künstler gehen oft ein halbes Leben lang unentgeltlich ihrer Tätigkeit nach, um vielleicht irgendwann doch mal davon leben zu können!

Aber vielleicht liegt es nicht am mangelnden Idealismus. Wahrscheinlich hat Frau Nocun einfach das Netz noch nicht verstanden. Es gibt schließlich so viele neue Geschäftsmodelle, wie man sich als Politikerin über Wasser halten kann. Die Bereitschaft von Menschen und Unternehmen, Politiker zu entlohnen, ist zweifellos da. Sonst gäbe es schließlich keine Spendenaffären. Insofern ist es unnötig und kontraproduktiv, dass sie jetzt so restriktiv mit sich und ihren Ressourcen umgeht. Sich zurückzuziehen und unter Verschluss zu halten wird ihrer Popularität und damit ihrem zukünftigen Einkommen nur noch mehr schaden. Sie sollte sich unter eine Ihr-Dürft-Mich-Alle-Umsonst-Ausbeuten-Lizenz stellen, um überall bekannt und beliebt werden zu können. Ganz sicher wird dann irgendwann eine noble Organisation – welcher Art auch immer – an sie heran treten und ihr eine gut bezahlte Tätigkeit anbieten.

Go with the Flow! So läuft das heute. Alles andere ist Old School.

AK